Die HLCMR veranstaltete am 27.11.2017 einen Thementag Inter*geschlechtlichkeit – Kämpfe, Reformen, Reformbedarf.
Sechs Jahre ist es her, dass die Anti-Folter-Kommission der Vereinten Nationen die geschlechtszuweisenden Operationen an inter*geschlechtlichen Minderjährigen als Verstoß gegen die Anti-Folter-Konvention bewertet hat. Was hat sich seither in Deutschland getan um die rechtliche Situation inter*geschlechtlicher Kinder und Erwachsener zu verbessern? Nachdem 2013 mit § 22 Abs. 3 PStG für inter*geschlechtliche Kinder die Möglichkeit geschaffen wurde, den Geschlechtseintrag im Geburtenregister offen zu lassen, wurde nun eine Verfassungsbeschwerde eingereicht, um die gesetzliche Anerkennung einer dritten rechtlichen Geschlechtsoption zu erreichen. Obwohl Inter*geschlechtlichkeit zugenehemend in öffentlichen Debatten thematisiert wird und sich Handlungsappelle an die Legislative häufen, zeigt eine Studie von 2016, dass die Anzahl der Operationen an inter*geschlechtlichen Minderjährigen in Deutschland nicht abnimmt. Aus diesem Anlass soll der rechtlichen Situation inter*geschlechtlicher Menschen zu Beginn der neuen Legislaturperiode ein Thementag gewidmet werden. Er soll genutzt werden, um rechtliche Herausforderungen inter*geschlechtlicher Menschen aus verfassungsrechtlicher, strafrechtlicher, personenstandsrechtlicher sowie gender-theoretischer Perspektive zu beleuchten.
Grußwort hielt PD Dr. Anna Katharina Mangold, LLM (Cambridge), die Leiterin der HLCMR. Die ehemalige Teilnehmenden der HLCMR Franziska Brachthäuser und Theresa Richarz machten eine Einführung in das Thema „,Dritte Option‘ vor dem Bundesverfassungsgericht-ein Beispiel für strategische Prozessführung“.
Nach der Mittagspause begann die Podiumsdiskussion im Rahmen deren Prof. Dr. Anette Grünewald (Lehrstuhl für Strafrecht und Strafprozessrecht, HU Berlin), Dr. Ulrike Klöppel (Wiss. Mitarbeiterin am Institut für Europäische Ethnologie, HU Berlin) und Luzon Veith (Untersexuelle Menschen e.V., Kooperationspartnerin der HLCMR) ihre Vorträge hielten. Moderiert hat die Diskussion Katharina Bager, die eine Wiss. Mitarbeiterin HLCMR ist.
Abschließend fand eine Filmvorführung (Das verordnete Geschlecht) mit dem Regisseur Dr. Oliver Tolkien statt.
Am 24.06.2016 veranstalteten die Humboldt Law Clinics eine Tagung zum Thema „Strategic Litigation“. Strategische Prozessführung zielt nicht nur darauf, Kläger*innen zu Ihrem Recht zu verhelfen. In speziell ausgewählten Verfahren versuchen die Beteiligten vielmehr, politische, wirtschaftliche oder soziale Veränderungen anzustoßen und das Recht über den Einzelfall hinaus fortzubilden.
Auf dem Panel der HLCMR diskutierten zum Thema „Adressing Individual, Political and Community Interests when Litigating Human Rights Cases“:
Tarek Naguib, Zentrum für Sozialrecht, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften
Adam Weiss, LL.M. (KCL), Legal Director, European Roma Rights Center
Nomzamo Zondo, Director of Litigation, Socio-Economic Rights Institute of South Africa (SERI)
Moderation: Dr. Sarah Elsuni, Humboldt Law Clinic Grund- und Menschenrechte
Im Rahmen der Tagung sollen erstmals Forscherinnen und Forscher verschiedenster Fachrichtungen zusammenkommen, um rechts-, sozial- und politikwissenschaftliche Fragestellungen zum sogenannten NSU-Komplex zu beleuchten. Im Mittelpunkt des Interesses steht das Verhältnis zwischen Politik, Recht und Sicherheitsbehörden ebenso wie das Phänomen des institutionellen Rassismus und der Strafprozess vor dem Oberlandesgericht München.
Tagungsdokumentation und weitere Informationen
Die Tagung war ein voller Erfolg. Zu Panel 1 (Staatsversagen? Gesellschaftliches Versagen?), Panel 2 (NSU und Rassismus) und Panel 3 (NSU und Wissenschaft) finden Sie bereits Blogposts auf unserem GRUNDUNDMENSCHENRECHTSBLOG.
Wir bemühen uns um eine Dokumentation der Tagung – weitere Informationen auf dieser Seite im Januar.
Veranstaltungsprogramm
9:30 Empfang und Organisatorisches der VeranstalterInnen (Çağrı Kahveci)
9:45 Begrüßung
Prof. Dr. Christian Waldhoff, Dekan der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin
Prof. Dr. Naika Foroutan, Stellvertretende Direktorin des Berliner Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung, Humboldt-Universität zu Berlin
10:15 Keynote: Blinde Flecken der Aufklärung und Aufarbeitung des NSU-Komplexes
Antonia von der Behrens, RAin der Nebenklage, Berlin
10:45 Pause
11:00 Panel 1: Staatsversagen? Gesellschaftliches Versagen?
- Das Scheitern der wehrhaften Demokratie? (Dr. Ulrich K. Preuß, Prof. em. Freie Universität Berlin, Hertie School of Governance)
- Der Inlandsgeheimdienst als Akteur im zivilgesellschaftlichen Diskurs (Fritz Burschel, NSU Watch, RLS Akademie für Politische Bildung)
- Unfall NSU – falsche Interpretationen und die üblichen sicherheitspolitischen Konsequenzen (Heiner Busch, Redakteur von Bürgerrechte & Polizei (CILIP))
- Chancen und Grenzen parlamentarischer Aufklärungsarbeit zum NSU-Komplex am Beispiel der NSU-Untersuchungsausschüsse im Bundestag (Heike Kleffner, Journalistin, Referentin der Linksfraktion im Bundestag für den NSU-Untersuchungsausschuss)
- Mediale Praktiken im Kontext des NSU (Dr. Derya Gür-Şeker, Universität Duisburg-Essen)
Moderation: Doris Liebscher, Humboldt-Universität zu Berlin
13:00 Mittagspause
14:30 Panel 2: Rassismus
- NSU und Rassismus (Prof. Dr. Manuela Bojadzijev, Leuphana Universität Lüneburg, Berliner Institut für empirische Integrations- und Migrationsforschung)
- Die türkische Community und der NSU. Trauer und Wut, aber mehr noch die Entschlossenheit: Wir bleiben hier. (Özge Pinar Sarp, NSU Watch)
- Das migrantisch situierte Wissen der NSU-Betroffenen – Strategien und Politiken des Zeigens und Sprechens (Ayse Gülec, Kasseler „Initiative 6. April“)
- Institutioneller Rassismus. Begriff, Erscheinungsformen und Relevanz für die Demokratisierung öffentlicher Institutionen (Prof. Dr. Mechtild Gomolla, Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg)
- Institutioneller Rassismus im Kontext und jenseits des NSU-Komplexes (Tahir Della, Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, Berlin)
Moderation: Prof. Dr. Juliane Karakayali, Evangelische Hochschule Berlin
16:30 Pause 2
17:00 Panel 3: Perspektiven auf den NSU-Komplex
- Was kann die Wissenschaft beitragen? (Prof. Dr. a.D. Hajo Funke, Freie Universität Berlin)
- Lessons to Learn from GB: Race, Exclusion, Police (Dr. Eddie Bruce Jones, School of Law Birkbeck, University of London)
- Lessons to learn from North Ireland: “Human rights and informants in paramilitary groups: the Northern Ireland experience” (Dr. Daniel Holder, Commitee on the Administration of Justice, Belfast)
- Situiertes Wissen und korrumpiertes Wissen – Sprechen über den NSU-Komplex (Dr. Massimo Perinelli, Universität zu Köln, Initiative Keupstraße ist überall)
- Ein Resumee des NSU Prozesses aus international vergleichender Perspektive (Carsten Ilius, RA der Nebenklage, Berlin)
Moderation: Carl Melchers, Freie Universität Berlin
19:00 Austausch und Buffet